Pendler-Erfahrungen auf der Veloroute - Simon Chrobak

Simon Chrobak © Dr. Wiebke Borgers

„Ich stehe mit dem Auto im Stau, und an mir sausen die Radler vorbei“

Wenn die Menschen mit dem Rad zur Arbeit fahren, dann ist das die günstigste Art des betrieblichen Gesundheitsmanagements, ist Simon Chrobak überzeugt. Denn wer sich regelmäßig aufs Fahrrad schwingt, ist gesünder, motivierter und ausgeglichener. Dazu gibt es unzählige Studien. Chrobak selber fährt jeden Tag aus der Innenstadt von Münster bis nach Hiltrup ins Büro, über die Schillerstraße und am Kanal entlang, und spart auf die acht Kilometer Strecke bis zu zehn Minuten Fahrzeit. Nur zwei Ampeln, am Kanal kein Querverkehr, da können die Gedanken fließen. Als er während der frühen Coronaphase im Homeoffice saß, sei er morgens nicht aus dem Quark gekommen, erinnert er sich. Die 20 Minuten frische Luft und Bewegung fehlten.

Simon Chrobak ist Sportwissenschaftler und Geschäftsführer des Sportvereins TUS Hiltrup. Im privaten Leben ist er eine der maßgeblichen Stimmen aus Münsters Fahrrad-Community: Er sitzt im Orga-Team für die Schokofahrt und ist Teil des Kernteams sowohl der IG Fahrradstadt als auch der Lastenrad-Initiative Lasse. Außerdem twittert er regelmäßig zur Situation von Münsters Radlern, er bloggt unter pedalkultur.blog und macht mit Christoph Grothe (talradler.de) aus Wuppertal den Podcast vonrädern. Simon Chrobak bringt also eine Menge Leidenschaft mit, wenn er auf das Thema Velorouten schaut.

„2016 stand in der Beschlussvorlage des Rates, dass die 13 Velorouten bis 2022 überwiegend umgesetzt sein sollen“, erinnert er sich. Und findet, dass es von den Umlandgemeinden aus betrachtet auch oft ganz in Ordnung sei. „Von Hamm nach Drensteinfurt bis zum Osttor Hiltrup kann ich mit dem Rennrad komfortabel fahren“, findet er. „Weiter auf dem Albersloher Weg in Münster wird es für mich schwieriger.“ Nicht auf Radler ausgerichtete Ampelschaltungen, kaputte Radwege mit Pflasterbelag und Engstellen bemängelt er. In einer Stadt wie Münster mit radial auf das Zentrum zulaufenden Verkehrswegen, sagt Chrobak, müssten doch die Routen zum Zentrum hin breiter werden, um die größer werdende Menge an Radlern aufzunehmen und gleichzeitig Sicherheit zu bieten. Doch das Gegenteil sei oft der Fall, und selbst die Promenade sei heute zu Stoßzeiten bereits am Limit.

Er würde sich wünschen, dass es schneller ginge, und er wünscht sich mehr Konsequenz von der Politik, wo um einzelne Anwohnerparkflächen gefeilscht werde und der Blick aufs Ganze fehle. „Eine gute Idee wird bei den letzten 10 Prozent zerredet“, ärgert er sich. „Wenn wir wirklich wollen, dass die Menschen aufs Rad umsteigen, dann muss es richtig gut werden.“ Dann müsse man außerdem auch die Arbeitgeber ins Boot holen, damit sie zum Beispiel stabile und geschützte Abstellmöglichkeiten für die Räder ihrer Arbeitnehmerschaft installieren.

Eigentlich hätte Chrobak sowieso lieber vier Meter breite Radschnellwege. Die Führung der Velorouten durch die Wohngebiete, sagt er, wirke auf ihn wie: Wir wollen das, aber möglichst wenig zu Lasten der Autofahrer. „Wenn ich aber einen Termin in Köln habe und fahre mit dem Auto, dann fahre ich doch nicht auf kurvigen Landstraßen durch das schöne Bergische Land, sondern dann fahre ich über die A1 und gebe Gas.“ Chrobaks Lieblings-Szenario ist der Ausbau der Radwege entlang der großen Zufahrtsstraßen: „Ich stehe auf der B 54 im Stau, und an mir sausen die Radler vorbei. Einmal, zweimal, immer wieder. Sie sind einfach schneller. Die Alternative muss für beide Seiten sichtbar und erlebbar sein, dann gelingt der Umstieg.“